Warum weinen wir beim Zwiebelschneiden?

Beim Zwiebelschneiden treten auch dem bärtigsten Bartträger die Tränen in die Augen. Das beweist jedoch nur seinen Mut – denn anstatt wie Mäuse, Ratten oder andere Knabbertiere den Kontakt mit der Pflanze einfach zu vermeiden, hat er sich tapfer gestellt – und dem Reizgas im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge geblickt.

Aus den vielen Zellen der Zwiebel entweichen beim Anschneiden zwei Stoffe – Alliin und Alliinase. Alliin, eine schwefelhaltige Aminosäure, befindet sich im äußeren Bereich der Zwiebelzellen – das Enzym Alliinase hingegen findet sich im Inneren der Zellen. Im intakten Zustand der Pflanze kommen beide Stoffe also nicht miteinander in Kontakt. Beim Anschneiden des Gemüses ändert sich das – und das Enzym Alliinase spaltet in einem chemischen Prozess die Aminosäure Alliin in ihre Einzelteile. Nun entsteht das Allicin – ein Stoff, der hocharomatisch und damit für den charakteristischen Geruch der Zwiebel verantwortlich ist. Das Allicin ist jedoch ebenfalls reaktionsfreudig – zusammen mit der Feuchtigkeit der Umgebungsluft entwickelt es sich zum Gas Propanthialsulfoxid. Gelangt dieses Reizgas in die Augen, schützt sich der Körper spontan mit Tränenfluss, um das Gas auszuschwemmen.

Womit sich der Kreis schließt – denn auch bei der Reizgasbildung handelt es sich um eine reine Schutzfunktion – nämlich die der Zwiebel. Die eingangs erwähnten Nagetiere trauen sich immerhin an die Zwiebel nicht heran – im Gegensatz zum kochfreudigen Menschen.

Wer nun seinen inneren Mäuserich beruhigen will, tut gut daran, ein besonders scharfes Küchenmesser für das Schneiden der Zwiebel zu verwenden. Denn je schärfer das Messer, desto weniger Zellstoff der Zwiebel wird verletzt – und desto weniger Gas steigt auf. Alternativ können Sie Ihre Zwiebeln direkt unter der Dunstabzugshaube schneiden – oder sie vor dem Schneiden in den Gefrierschrank legen. Schon nach 10 Minuten verringert sich durch den Temperaturabfall die Menge an reizgasbildenden Enzymen in der Zwiebel. Und wenn gar nichts mehr hilft, greifen Sie beherzt zur Taucherbrille.

Also dann – Augen zu und durch!